Endokrines System und Homöostase
Altersbedingte Veränderungen des Hormonsystems führen im allgemeinen nicht zu schwerwiegenden Funktionsstörungen. Gravierende Hormondefizite haben fast immer eine pathologische Ursache und sind in der Regel nicht altersassoziiert.
Einige der altersbedingten Veränderungen des Hormonhaushalts
Wirklich signifikante altersbedingte Veränderungen des Hormonhaushalts sind selten; die vom klinischen Standpunkt aus wichtigsten seien im folgenden erwähnt:
Sexualhormone
Bei Frauen sinken die Spiegelwerte für die Sexualhormone Östrogen und Progesteron, bei Männern jene für Testosteron.
Pankreas (Langerhans-Inseln)
Mit zunehmendem Alter steigt die Insulinkonzentration an, wohingegen die Glukosetoleranz abnimmt (dabei handelt es sich möglicherweise um ein altersassoziiertes Phänomen - siehe auch unter "Diabetes mellitus").
Harnsystem
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Es kommt zu einem Absinken der Vasopressinspiegel (Vasopressin hat eine gefäßerweiternde Wirkung und kann daher die Nierendurchblutung erhöhen)
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Es finden sich erhöhte Spiegelwerte an atrialem natriuretischem Peptid (das die Harnproduktion stimuliert); dies kann zu verstärkter Nykturie führen.
Sonstiges
Die Somatotropinspiegel sinken ab: bei manchen älteren Menschen ist überhaupt kein Wachstumshormon (STH) mehr nachweisbar (eine STH-Therapie kann gegen altersbedingten Muskelschwund eingesetzt werden).
Neoplasmen des endokrinen Systems
Adenome treten in den wichtigsten hormonproduzierenden Zentren häufig auf, etwa im Hypophysenvorderlappen, in der Schilddrüse und in den Nebennieren. Sie können durchaus gutartig sein, aber sie sezernieren möglicherweise Hormone und verursachen so Störungen des endokrinen Systems.
Die Menopause
Zur Menopause kommt es zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr. In dieser Zeit treten die Regelblutungen (die Menstruation) der Frau immer unregelmäßiger auf und setzen dann gänzlich aus. Damit geht eine Vielzahl hormoneller Veränderungen einher, vor allem aber ein Absinken der Östrogenspiegel. In diesem Lebensabschnitt sind die Frauen mit markanten körperlichen und psychischen Symptomen konfrontiert, die sie häufig als den Beginn des Abstiegs ins Matronenalter interpretieren.
Bei Frauen nach der Menopause finden sich folgende Veränderungen:
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Hängende Brüste, da das Gewebe der Milchdrüsen durch Fettgewebe ersetzt wird.
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Eine Atrophie der Gebärmutter (Uterus).
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Eine Verengung der Vagina, die weniger dehnbar und trockener wird. Dies kann zwar als unangenehm oder störend empfunden werden, beeinträchtigt aber nicht unbedingt die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr.
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Es treten ausgeprägte Gesichtsfalten, brüchige Nägel und trockene Haut auf (das Östrogen spielt eine Schlüsselrolle bei der Produktion von Kollagen, des Stützgewebes, das Haut und Knochen zusammenhält [siehe unter Osteoporose]).
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Ein zunehmender Verlust an Knochenmasse (was zu Osteoporose führt).
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Ein möglicherweise erhöhtes Risiko, an Morbus Alzheimer zu erkranken.
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Ein sich dem männlichen Modell annäherndes Muster der Fettspeicherung (überschüssiges Fett wird in der Bauchregion angelagert, und nicht an Brüsten, Hüften und Oberschenkeln wie bei jüngeren Frauen).
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Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen (Östrogen hat wahrscheinlich eine kardioprotektive Wirkung).
Hormonsubstitution (HRT = "hormone replacement therapy")
Damit werden alle Therapieformen bezeichnet, die den natürlichen Rückgang der Östrogen- und Progesteronproduktion im Klimakterium kompensieren sollen. Die HRT verhütet oder lindert die unerwünschten Symptome und Folgen der Menopause und wird von Frauen oft aus folgenden Beweggründen heraus gewünscht:
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Erhöhung des allgemeinen Wohlbefindens
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Verbesserung der sexuellen Aktivität.
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Schutz vor Osteoporose.
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Schutz vor kardiovaskulären Erkrankungen.
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Sie ist kontraindiziert bei Frauen mit Mamma- oder Korpuskarzinom mit hormoneller Komponente. Während des ersten Jahrs der Therapie besteht ein leicht erhöhtes Risiko einer Tiefen Venenthrombose.
Für den Beginn einer Hormonsubstitutionstherapie gibt es keine Altersgrenze. Bisherige Forschungsergebnisse lassen den Schluß zu, dass die HRT die Lebenserwartung bei Frauen um bis zu drei Jahren verlängern kann, vorausgesetzt, sie wird mindestens 5 Jahre lang fortgeführt. Die meisten Frauen brechen allerdings schon in den ersten Monaten die Behandlung ab, weil anfangs Nebenwirkungen auftreten. Diese klingen jedoch meist schon relativ bald ab.
Die Menopause beim Mann
Der Alterungsprozeß des männlichen Reproduktionssystems geht sehr langsam, schrittweise, interindividuell sehr unterschiedlich ausgeprägt und meist unbemerkt vor sich. Lebensfähige Spermien werden bis ins hohe Alter produziert. Bei Weißen findet sich nach dem fünfzigsten Lebensjahr häufig eine gutartige Prostatahyperplasie.
Homöostase
Faktoren, die die Stoffwechsellage des älteren Menschen beeinflussen:
Da beim alten Menschen weniger Reserven vorhanden sind, ist er im Falle einer krankheitsbedingten schweren Beeinträchtigung der Homöostase (der Selbstregulierungsfähigkeit der physiologischen Systeme) weniger gut in der Lage, die Krankheitsfolgen abzuwehren und zu kompensieren.
Im Verlauf von bestimmten Erkrankungen kann es zu einem Absinken der Schilddrüsenhormonspiegel kommen, womit Störungen der Wärmeregulation und des Stoffwechsels verbunden sein können.
Hypothermie: eine schwerwiegende Folge einer gestörten Homöostase
Akzidentelle Hypothermie (Unterkühlung mit niedriger Pulsfrequenz und Temperatur des Körperstamms unter 35 °C) ist das Ergebnis des Zusammenwirkens von drei auslösenden Faktoren: niedrige Umgebungstemperaturen, gestörte Homöostase und vorbestehende medizinische Probleme. Auch einer dieser Faktoren kann schon zu einer Hypothermie führen, wenn er besonders stark ausgeprägt ist.
Niedrige Umgebungstemperaturen
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Kaltes Klima.
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Armut (kein Geld für Heizung).
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Gewohnheiten (z.B. offene Fenster).
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Fehlende Kälteempfindung (der Patient verspürt keine Kälte und sorgt daher nicht dafür, dass der Körper warm gehalten wird).
Gestörte Homöostase
Mögliche Ursachen: Medikamente mit gefäßerweiternder oder zentral dämpfender Wirkung, Fehl- oder Mangelernährung, Erkrankungen mit neurologischer oder kardiovaskulärer Beteiligung (z.B. Schlaganfälle, Diabetes), altersbedingte physiologische und morphologische Veränderungen.
Fehlende Mobilität